Schicksal Günter Arndt ( ca. 20 m Sturz in die Tiefe)

Mein Name ist Kerstin Arndt, geboren 1956 in Hamburg. Nach dem Abitur habe ich Bankkaufmann gelernt. 1980 heiratete ich meine große Liebe, Günter Arndt (1951). Wir bekamen 3 Söhne, zogen aufs Land in die 30 km südlich gelegener Gemeinde Rosengarten (Niedersachsen) und bauten ein Häuschen.Günter war Forstwirt, sowohl beim Staat als auch privat stets im Einsatz und mit seinem sozialen Engagement in der Gewerkschaft, der Landwirtschaftskammer und beim Arbeitsgericht, sowie als Zapfenpflücker, Baumkletterer, Problemfäller, ein gefragter Mann in allen Lebenslagen. Privat ein liebenswerter, charmanter, lustiger Mann, Vater und Freund.

Am 23.8.1999 durchtrennte er sich bei einer Baumabtragung versehentlich das stählerne Halteseil und stürzte ca. 20 Meter in die Tiefe, rammte mit beiden Beinen in den Boden und stauchte sich so die Wirbelsäule und das Stammhirn. Die folgenden bangen Wochen boten das ganze Programm der Intensivmedizin, alle nur denkbaren Komplikationen, brutalste Aussagen und Bemerkungen, Trauer, Hilflosigkeit und Hoffnung. Nach 3 Monaten Intensivstation und 5 Monaten Frühreha wurde er gegen meine kläglichen Widersprüche in ein Spezialpflegeheim verlegt. Nach 8 Wochen der misständlichen Aufbewahrung, bekam er eine Aspirationslungenentzündung und musste wieder an die Beatmungsmaschine. Günter hatte einen starken Überlebenswillen und schon früh bemerkte ich, dass er vieles verstand und reagierte. Er bekam eine zweite Chance, die Berufsgenossenschaft (BG) trat ein und er konnte ein weiteres Jahr in die Frühreha. Von da an plante ich seine Rückkehr in die Familie und machte unser Häuschen  durch kleine Veränderungen „passend“. Ich selber führte ein Bekleidungsgeschäft und wollte dieses nicht aufgeben. Es hielt mich irgendwie am Leben. Mit Hilfe eines Pflegedienstes konnte ich meinen damals noch recht reglosen Mann dann 2 Jahre nach dem Unfall wieder nach Hause holen. Die Jungs waren inzwischen 21, 19 und 13 Jahre alt und hatten Sorge um mich, wollten nicht, dass ich an der Belastung zugrunde ginge, aber sie trugen die Veränderung mit, indem sie sich mit den vielen fremden Menschen, die unser Leben nun begleiteten, arrangierten, Freunde wie selbstverständlich mit nach Hause brachten und sich weiter alle positiv entwickelten.                                                                                                                                                                                                                   

2004 gab ich nach 15 Jahren dann doch mein Geschäft auf, denn trotz umfangreicher Pflegehilfe, blieben die Organisation, Aufsicht und anteilige Pflege (ca. 60 Std/W) ja außerdem zu leisten. Ich fuhr mit meinem Mann zu verschiedenen Therapien, traf dort auch immer wieder andere Angehörige und profitierte vom Austausch. Viele Fortschritte konnten verzeichnet werden. Sondennahrung wurde durch normale Kost ersetzt, die Kanüle wurde entfernt, Günter fing an zu singen und zu sprechen, auch das Schlucken wurde besser. Günter hat ein schlechtes Gedächtnis, wenig Zugriff auf seine Vergangenheit, sitzt ohne Kontrakturen im Rolli, neigt zu motorischen Unruhezuständen und  zu epileptischen Anfällen und zeigt gern seinen Unmut durch stundenlanges lautes Gejammer oder  Spucken.                                                                                                                                                                        

Seit 2007 haben wir ein Persönliches Budget und es ist toll, ein stabiles Team haben zu können, denn so viele kleine, auch leisen Äußerungen dieser so in sich versteckten Menschen, können nur bei intensiver Betreuung wahrgenommen und sinnvoll in aktivierende Behandlungspflege umgesetzt werden. Günters Pflege und Therapie (8 x / Woche) ist intensiv, körperlich und vor allem psychisch anstrengend und ich bin froh, dieses nicht alleine tragen zu müssen, denn er ist gesund und munter und er hat noch viel Potenzial für weitere positive Entwicklungen.                                                                                                                                                                                

Dass es hierzulande nicht allen Patienten und Angehörigen leicht gemacht wird so versorgt zu werden, empört mich und ich möchte mich aktiv dafür einsetzen, dass die vorhandenen Gesetze leichter umgesetzt werden können. Dazu bin ich gerne bereit meine Erfahrungen weiter zu geben und bei Fragen bezüglich der Pflegeorganisation mit Rat und Tat zur Verfügung zu stehen. Gerne würde ich auch eine Selbsthilfegruppe im Raum südlich von Hamburg mit ins Leben rufen und würde mich über Meldungen diesbezüglich freuen.           

In der aktiven Selbsthilfearbeit bin ich zwar noch relativ neu, aber ich freue mich über das mir entgegen gebrachte Vertrauen und möchte mich gerne für die notwendige Arbeit einer großen Gemeinschaft einsetzen. Gemeinsam geht es am besten!                                                                     

Ganz herzlich grüßt Sie  Kerstin Arndt

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